irgendwie von der karibik...

vor einiger zeit entdeckte ich mein traumhaus. es steht zwar nicht auf einem hügel, wie ich es mir immer ausmalte, sondern mitten im ghetto meiner kleinen stadt. dort, wo auch ich wohne. das haus ist klein und schön. oft stellte ich mir vor, wie ich darin mit meiner familie und meinen freunden, die meine familie sind, säße. wir würden jeden abend raclette machen und bei dürftiger beleuchtung wein trinken. roten. der weiße macht mir bauchkrämpfe und ekelhaften durchfall. oft über mehrere tage hinweg. aber in einem schnuckeligen haus ist das egal. da wird durchfall zur leidenschaft. und mein haus ist schnuckelig. es hat zwei stockwerke. jeden tag gehe ich an ihm vorbei und träume. der garten müsste gemacht werden. es ist verwildert. vor einem knappen jahr befand sich noch ein öko-laden in ihm. nun steht es leer und weint leise in die nacht hinein. oft stehe ich an dem kaputten zaun und versuche das haus mit kleinen anekdoten zu beruhigen.
auch heute ging ich wieder zu meinem haus. doch diesmal war alles anders: im vorgarten steht nun ein bagger. es scheint, als würde man das kleine haus in der nächsten zeit abreissen. oder man wühlt den vorgarten auf und ein türkischer kiosk wird dort entstehen (als hätten wir nicht genug davon! man kann kaum noch treten!). es schauderte mir. unglaublich. ich habe wohl zu laut in mich hinein gewünscht. und das ministerium für wünsche (mfw), das darüber entscheidet, ob bestimmte personen ihre wünsche erfüllt bekommen, dachte sich, dass es mir wieder einmal einen strich durch die rechnungen machen könnte. das mfw ist immer sehr beschäftigt, aber wie es auch andere organisationen tun, werden bestimmte persönlichkeiten beäugt. es beäugt mich schon lange. verfolgt mich durch dunkle gassen. kramt seit jahren in meinem kopf herum, um mir meine träume und wünsche zu entlocken. die größten werden dann nicht erfüllt, in eine dickte akte gelegt und im mfw-archiv vergraben. verdammt, ich werde dieses haus niemals besitzen und am fenster das treiben des tages bei einem kaba beobachten. das schreit nach rache!

heute haben ich die mutter besucht. sie hat ihr wohnzimmer umdekoriert. außerdem gab es neue haustüren und das treppenhaus wurde gestrichen. nun sieht es in diesem block nicht mehr ganz so asozial aus. und es riecht nach frischer farbe. leider ohne lösungsmittel. das waren noch zeiten, als man kleber und farben mit lösungsmitteln kaufen konnte. so wurden tägliche bastelstunden im erziehungsheim zur einer wahren freude! kappe ab und rein mit dem zeug in die nase. realitätsflucht für einen kurzen augenblick. farben sehen. wände, die zerfließen. eins sein mit gott. noch einmal auf die tube gedrückt und tief eingeatmet. frühstück mit hekate und askese. bunte blumen im winter. ja, noch einen tiefen zug. die seele weicht auf, der körper schwimmt im licht der nacht. dreizehn eichhörnchen springen durch mein bastelzimmer und formieren sich zu irgendwas. mehr kleber in die nasennebenhöhlen gedrückt. den geist verkleben. hochziehen. gedanken und seele kleben aneinander. tolles gefühl. wie ein mexikanisches straßenkind. hat immer eine tüte klebstoff dabei. der tag wird sein freund. braucht ein bastelzimmer. nur für das gefühl. ein tolles setting.

gestern spazierte ich durch die dunklen seitenstraßen. vom wahnsinn getrieben starrte ich in funzelig beleuchtete schaufenster. in einer imbissstube stand eine dicke frau hinter dem tresen. so, wie man es sich in alpträumen vorstellt. sie stand dort und hebelte mit einem gerät im brutzelnden fett herum. dabei unterhielt sich sich mit einem untersetzten mann. es war wie in einem bilderbuch, einem klebrigen mit vergilbten seiten. schemen lasen es zuletzt. nun liegt es unbenutzt unter dem bett, sehnt sich nach einem leser, der sich nicht zu fein ist, seine finger in die einöde zu tunken. es an sein herz zu drücken. die buchstaben aufzusaugen. doch keiner wird es jemals wieder tun.

nun muss ich mich ausruhen und musik hören. habe der mutter eine cd gebrannt mit toller musik. dabei schnitt sie meine haare, damit ich wieder niedlich wirke. sie mochte die musik. ich warnte sie, die cd nicht zu spielen, falls mal die antifa zum frühstück vorbeischaut. sie lachte nur und wischte sich den arbeitsschweiß mit der armbinde ab. dann tranken wir deutschen kaffee und träumten von der karibik.






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sollst du träumen - dir nie erwas abgewöhnen und schreiben...
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