Sonntag, 7. Juni 2009

irgendwie von der europawahl...

"liebe zigarettenbarone, wenn ich euch sonst schreibe, lobpreise ich eure strategie, das land zu vergiften. ich huldige eure wilden ideen zur weltherrschaft und lasse kein krummes haar an euch kommen. doch heute schreibe ich euch in einer sehr persönlichen angelegenheit und möchte mich einfach nur stumpf bei euch auskotzen. es geht um eure automaten. fein, sie sind hübsch anzusehen, sind formschön und so. aber es geht mir mehr um die ausweiskontrolldurchschiebegeräte, die bei regen nicht funktionieren. ja, ich gehöre zu diesem folk, das keine geldkarte oder ec-karte mit chip besitzt, doch gelegentlich mögen einige automaten auch diese nicht erkennen. mit den personalausweisen ist es ähnlich: regnet es, so werden sie nicht erkannt. oftmals verbringe ich tage vor einem automaten und verliere fast die lust am rauchen. ist das eure intention? ich glaube kaum. wir möchten mit stil zigaretten kaufen. wir wollen später auf dem sterbebett liegend an die decke des dorfkrankenhauses schauen und sagen können: "wir haben mit stil unsere zigaretten gezogen!" . kuss, eure marion." - sicher werden die zigarettenbarone sich diesen brief zu herzen nehmen und ihn in der kantine aufhängen, wo sie täglich leber mit zwiebeln essen. dennoch hat marion recht. marion hätte es sich niemals erträumt, einmal in ihrem leben recht zu haben. wird sie doch führ ihre eigene meinung vom betrunkenen ehemann geschlagen. schon immer waren eigene meinungen gefährlich. auch noch heute, wenn sie zu abstrakt ausfallen. huch, mein kaffee ist leer. woher bekomme ich nun input? egal.
wie marion ergeht es vor allem sonntags millionen von deutschen. gut, sicher sind es nur drei, aber dennoch ist der sonntag allgemein fieser tag. jedes geschäft hat geschlossen. die tabakläden der zigarettenbarone schließen werktags schon um sechs. fast jede frau, die marion heißt, steht bis fünf uhr am nachmittag in der wohnung und tüdelt irgendwas auseinander oder kommt gebückt ihren ehelichen pflichten nach. sie hat also keine zeit, sich den zigarettenbaronen zu unterwerfen. armes ding. leider besitzt sie auch nicht den iq für klassische musik und auch keine ec-karte mit chip. so muss sie im regen mit ihrem personalausweis zigaretten am automaten kaufen. und das ist sehr bitter. die problematik, die marion schon in ihrem umwerfenden brief beschrieb, ist auch hier wieder an der tagesordnung. wenn marion nicht bis sechs mit drei schachteln "pall mall" in blau daheim ankommt, muss sie dienstag beim elternabend erzählen, sie sei wieder einmal von der treppe gefallen. wie immer.

aber das soll mir alles egal sein. ich besitze eine karte mit chip und menschliche schicksale interessieren mich die bohne. ich habe selbst mein eigenes dingens zu schleppen. jeder hat sein dingens zu schleppen. ich habe sogar vergessen, wie es hießt. so sehr unterscheide ich mich von den menschen, die wissen, wie ihr dingens heißt. und das macht mich fast zu einem baron. oder sind die menschen, die sich ihrem dingens sicher sind eher die barone? ein gedanke, den ich niemals ausführte, da er mich schon damals nicht interessierte. und wieso habe ich meinen kaffee schon ausgetrunken? ich wollte erst zwei becher kaufen, doch wusste ich nicht, wie ich sie nach hause schleppen sollte. ich bin single und wohne im ghetto. hier ist zur zeit niemand, der mir unter die arme greifen könnte, der mir nicht heimlich das porte… die geldbörse entwendet. "klaut" ist ein ekelhaftes wort. das benutzen die leute, die sich diesen sport zum lebensunterhalt machten.
gerade fand ich in einer tüte donuts, die eigentlich doughnuts heißen. teignüsse. sehr originell, aber man darf einfach in der heutigen zeit nicht so viel nachdenken. gedanken sind gift. einfach konsumieren. farbstoff e203? nie gehört. konsumieren. wird schon nicht schlecht sein. kommt immerhin von der industrie. die industrie ist gut, denn wir sind die industrie. und wir sind das volk. und das volk will nichts böses. arschlecken.

vor einer stunde war ich wählen. wenn du das liest, ist es sicher schon drei stunden her. aber das macht nichts. die stimme zählt, wähle auch du! - wie schön wäre es, könnte ich das kühle metall eines bolzen spontan durch meine schläfen gleiten spüren. ich wäre entzückt und würde mit den anderen schmetterlingen einen bau aus dingens bauen. gemeinsam würden wir in den süden fliegen und robert besuchen, der dort wohnt. er besitzt eine eigentumswohnung, die ihm seine eltern damals kauften. er wohnt dort ohne irgendeinen grund. wenn es regnet, schaut er zum fenster heraus und findet das toll. er spruckt zerkaute schokolade auf migranten. arbeit hat er keine. aber ich schweife ab.
wählen war ich. deutschland retten. daheim bleiben ist kacke. wer nicht wählen geht, darf auch nicht später meckern. wer die cdu wählt, hat eh verloren. zensursula, du kleine hure. bist ja nur neidisch, weil dir keiner emails mit emoticons schreibt. sei froh, das ist der letzte dreck. irgendjemand dort draußen kann dir sicher die farbe der liebe zeigen. nein, baby, ich bin es nicht. und irgendwann wachst du auf und schaust zurück. dein kissen ist voller haare und wilden gedanken liebloser nächte. an deinen lippen kleben die lügen. und robert spuck schokolade auf dich. und da schweifen wir wieder ab. wollte ich doch gerade davon berichten, wie ich heute morgen deutschland rettete. aber leider habe ich nun den faden verloren und denke an meinen kaffee zurück.

ja, mein kleiner kaffee. die maschine für den großen kaffee war defekt. sicher wieder so eine verschwörung. jedenfalls nahm ich den kleinen kaffee mit nach hause, nachdem ich auf neun promille wählen war. in der backstube, die gerne so heißen würde, nahm ich einen von diesen plastikdeckeln mit, die man über seinen becher zu stülpen vermag, damit es nicht in den becher regnet. bei jedem schritt glitt mir heißer kaffee über meine zarten arbeiterhände. ich war erregt. nicht sexuell. eigentlich überhaupt nicht. ich wollte irgendeinen abwegigen satz einbauen. und es widerte mich an. ja, es machte mich rasend. heißer kaffee auf junger haut. kaffee, der in den becher gehörte. und als ich daheim ankam, war der becher schon so weich, dass ich seinen inhalt sofort austrank, ohne ihn zu genießen. und nun sitze ich hier kaffeelos. ich könnte vor wut heulen, doch dafür fehlt mir die kraft.

vorhin war ich auf dem hafenfest in vegesack. in einer lustigen runde wollten wir uns freaks anschauen. es regnete dabei. passendes wetter für robert. der alkohol wollte nicht die gewünschte wirkung im hirn aktivieren. so schlenderten wir gelangweilt durch die menschenmassen. "eine pumpgun.", dachte ich. kaufe sie dir jetzt, bevor sie mit deinen lieblingsspielen verboten wird oder bevor du eine psychische unreife erreichst und keine mehr kaufen darfst. mit einer formschönen pumpgun könntest du die probleme anderer menschen lösen. ja, mit einer pumpgun wirst du zum erlöser. und wenn ich mir die letzten sätze noch einmal auf der zunge zergehen lasse, wundert es mich nicht, dass du seit fast drei jahren ledig bist.

sharon farber spielt mir gerade depressive musik ins ohr. besser als frühstücksradio. beim frühstücksradio sprechen sie ständig vom kaffee. das würde mich daran erinnern, dass ich keinen mehr habe. außerdem würde ich sofort "baumwollpflücker" assoziieren und schlechte laune bekommen. und bei schlechter laune würde ich lust auf kaffee bekommen und noch schlechtere laune bekommen. und gerade fiel mir auf, dass ich gelegentlich einen buchstaben auslasse. auch ich muss in letzter zei kürzer treten. fehlende buchstaben sind keine racheakte an meine leser, eher ein hilfeschrei der literatur. kreisch. welche schöner satz. ich sollte ihn an irgendwelche toilettenwände schreiben. nicht unbedingt mit kot. aber es wäre eine überlegung. laufe ich noch einmal zur backstube zurück und kaufe mir einen kaffee? oh. ich habe instant-kaffee daheim. habe ich auch kaffeeweißer oder ähnliches pulver? koks? nein, nicht mehr. moment.

fehlanzeige. trinken wir halt quellwasser aus irgendeiner quelle, die nach einem schönen ort benannt wurde. ein ort, an dem man gerne ferien macht. dort schaut man dann aus einem fremden fenster und träumt von der freiheit. drei tage später nässt man sich wieder in seinem büro ein und träumt von tanja. das ist immer so. urlaub macht nachdenklich. und um das zu vergessen, besucht man im urlaub einen zoo. dort schaut man sich exotische tiere, kauft popcorn und füttert damit die affen. man winkt den elefanten lustig zu. das macht man auch mit anderen tieren, nur fallen mir gerade keine ein. außerdem bin ich derzeit gehemmt und kann schwierige tierarten nicht schreiben.
oft erinnere ich mich an diesen einen tierpark, der so wirke, als hätte er niemals geöffnet. die käfige waren teilweise unbewohnt und die gitter rostig. fast so wie in "lost". hier und dort fand man ein trauriges tier. man konnte oft nicht erkennen, was für ein tier es war. man raschelte kurz mit der leeren popcorn-tüte und lockte es hervor. es tanzte trauernd einen tanz. was sollte man auch sonst mit einem tanz machen. dann erkannte man, dass es sich um ein hässliches tier handelte und ging zum nächsten zwinger, in der hoffnung, sein lieblingstier zu orten. nach zwei rundgängen atmete man tief durch und fuhr nach hause. daheim zeigte man dann postkarten, die man dort kaufte, erzählt von wilden abenteuern und erfindet eine photosafari. wie bei zelda.

gott, es ist mittlerweile halb elf. längst wollte ich schlafen, doch mein rhythmus ist durcheinander. "rhythmus" ist ein schönes wort. es schreibt sich so merkwürdig. schreibt man es zweimal hintereinander, betritt man einen tranceartigen zustand. das ist mir aber noch nie passiert. aber es gibt so viele schöne wörter, die auf der zunge zergehen, spricht man sie schnell hintereinander. tür. zopf. maschine. rührteig. garten. frühlingsblume. periode.
"wunderschön" und "hübsch" gehören auch noch dazu. aber mehr als neun lieblingswörter sollte man nicht haben, sonst gilt man als eitel.

der blick aus dem fenster sagt mir, dass es noch immer regnet. aber das ist eigentlich vollkommen egal. meine lust auf kaffee steigerte sich, während ich davon schrieb. eigentlich wollte ich damit bezwecken, den kaffeedurst zu vergessen. ebenfalls eine fehlanzeige. ich hasse mein leben. immer lust auf kaffee und keiner da. der kaffeeweißer so hart wie kreide. schreibe parolen an die wände dieser stadt mit kaffeeweißer, mein hirn tanzt mir entgegen zu musik, die die sinne liebkost.

mein quellwasser kommt aus frankreich. dort war ich 1994 und suchte diesen turm wie blöd. nein, nicht den schiefen. dieses ding, das aussieht wie ein baugerüst im osten. und frankreich machte mir angst. dort fand ich zum ersten mal cola in einweg-plastikflaschen. doch das plastik war dünner als hier in der zivilisation. es war fast wie zellstoff. aufregend. man mochte die flasche kaum bewegen. aufregend. aber das schrieb ich schon eine zeile vorher. und man trank so vorsichtig, fast wie ein spatz auf der suche nach einem touristenhotel in zimbabwe.

aber, nun gut. ich muss mich nun vom spannenden europawahl-morgen erholen und eine schachtel zigaretten rauchen. das leben ist zu kurz, um sich zu grämen. das passt zwar gerade überhaupt nicht, aber ich möchte später nicht hören, dass ich es nicht erwähnte. leben wir, als sei es unser letzter tag. carpe diem. lebe deine träume, träume nicht dein leben. gierige arschfotze sucht heißen hengst. - alles typische headlines unsagbar langweiliger gayromeo-profile.

erholt euch gut, kinder der nacht. falls ihr einen schuss hört, denkt an mich.






Trackback URL:
https://herrtwiggs.twoday.net/stories/irgendwie-von-der-europawahl/modTrackback

uschi meyer (Gast) - Di, 7. Jul, 22:15

blah

hey schnuffel,

hier wartet ein gut funktionierender pc auf ein neues herrchen, lass mal von dir hören die tage

Der Schneekoenig (Gast) - Mo, 27. Jul, 15:00

Wunsch

Ich muss etwas schreiben - allein schon, weil ich es nicht ertragen kann, staendig zu lesen, dass der erste Kommentar "einsam" ist… Nur was? Etwas Lyrik vielleicht? Hm, vielleicht ist ja Platz genug fuer etwas Fontane…


Ich wollte, dass in Sturmesnacht
Die Mutter mich zur Welt gebracht,
Dass auf das Blitzen rings umher
Mein erster Blick gefallen waer'.

Ich wollte, dass sie nackt und bloß
Gebettet mich in Laub und Moos,
Dass Sturm und Donner um die Wett’
Mein Wiegenlied gesungen haett'.

Ich wollte, dass der Hirsch im Tann
Mein Spielgenoss' als Knabe dann,
Dass, ueber mir, der Sterne Heer
Die Bibel mein gewesen waer'.

Das Auge hell, im Arme Mark,
Frisch wie der Quell, wie Eichen stark,
So waer' ich in das Leben dann
Getreten als ein ganzer Mann.

Im Busen lebte mir die Kraft,
Die Taten statt der Lieder schafft,
Nicht länger saeß' der gute Will'
Im Winkel drinnen, fromm und still.

O waer' ich stark! Nah ist der Streit,
Und ganze Maenner heischt die Zeit; –
Ich wollte, dass in Sturmesnacht
Die Mutter mich zur Welt gebracht.

inhaltsregister

informationsterminal


post an herrn twiggs

▫ dieses tagebuch besteht seit qualvollen 6711 tagen.

▫ es gibt 345 beiträge und 809 kommentare.

das alte weblog auf 20six enthält 311 beiträge.

▫ 95 blogköpfe befinden sich in der rotation.

interne suchmaschine

 

verweise

tagebücher:

kommentare

für immer
sollst du träumen - dir nie erwas abgewöhnen und schreiben...
eierkochautomat - Sa, 10. Feb, 01:08
...irgendwas mit schnecken. Find...
...irgendwas mit schnecken. Find ich gut, hier wieder...
Shhhhh - Sa, 23. Sep, 19:35
vulva vulgata
mutter roch nach frühling. sie nicht. so sieht´s mal...
Lenore (Gast) - Do, 15. Jun, 20:46
Just want to say Hi!
Thanks really handy. Will share website with my good...
4rx (Gast) - Sa, 8. Apr, 08:13
saure kaffeesahne - ablaufdatum...
saure kaffeesahne - ablaufdatum überschritten? ;)
nömix - Fr, 11. Jul, 09:16
...
manchmal glaube ich auch, das ich aus einem vergewaltigungsschlafzimme r...
der schlachter (Gast) - Do, 30. Mai, 09:45
wie kann man denn "schönen...
wie kann man denn "schönen deutschen filterkaffee"...
ngâzreth (Gast) - Do, 18. Apr, 03:27
»Ich freue mich wenn...
»Ich freue mich wenn es regnet. Weil wenn ich mich...
nömix - Mi, 17. Apr, 10:44
ein gutes neues jahr...
ein gutes neues jahr für dich. es kann zwar alles nur...
upitgoes (Gast) - Di, 1. Jan, 22:04
! massenselbstmord. mein...
! massenselbstmord. mein senseo auch. heute. er geht...
glamourdick - Fr, 16. Nov, 12:17

mitgliederlogin

credits

Knallgrau New Media Solutions - Web Agentur f�r neue Medien

powered by Antville powered by Helma


Creative Commons License

xml version of this page
xml version of this page (summary)

twoday.net AGB

.